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S T U D I E N F A H R T E N 2013
Studienfahrt Brauhauswanderung in Köln im Mai
»God esse un drinke häld Liev un Siel zesamme«
Am
1. Mai gingen wir fremd! Die Konventualen trafen sich zu einer
Brauhaustour mit Hans-Georg Lützenkirchen, der uns kompetent durch
Kölner Brauhäuser und sehenswerte Ecken dieser Weltstadt führte. Dabei
durfte das eine oder andere Kölsch natürlich nicht fehlen, aber dazu
später mehr. Wir trafen uns mit Herrn Lützenkirchen am Kölner
Hauptbahnhof. Schon am Bahnhofsvorplatz erfuhren wir, dass Gebäude,
Plätze und Straßen in Köln oft zueinander ausgerichtet sind, so bilden
der Dom und die Hohenzollernbrücke bewusst eine Achse. Auf dem Weg zum
Heumarkt durch die Hohe Straße wurden wir über Kölner Bausünden, die es
nicht nur in den Nachkriegsjahren gab, sondern bis in die heutige Zeit
gibt, aufgeklärt. Unbeeindruckt von den Demonstrationen zum 1. Mai,
gelangten wir über den Heumarkt zu unserer ersten Einkehr, der
»Malzmühle«. Laut Herrn Lützenkirchen rangiert das Mühlenkölsch auf den
vordersten Plätzen - auf 1a -, so dass unsere Münder schon ganz trocken
waren und wir es kaum erwarten konnten, einzukehren. Seit dem 13.
Jahrhundert gibt es die Malzmühle schon als Brauerei. Damals übrigens
als eine von 17 Hausbrauereien. Innen ist es einfach und traditionell
mit derben Holztischen und ohne viel »Gedöns«. Auch die Speisen sind
Hausmannskost und oft typische Kölsche Gerichte. So wählten dann auch
viele von uns »Himmel un Ääd met Bloodwoosch«, »Hämmche met suurem
Kappes un Äädäppelspüree« oder »Haxe met Bradääppel un Kappesschlot«.
Hmm – lecker! Der Köbes trägt einen Kranz
mit den Kölschgläsern. In der Kölsch-Konvention von 1986 - eine
verbindliche Regelung, welches Bier sich Kölsch nennen darf - hat man
festgelegt, dass das Kölsch ausschließlich in 0,2l Stangen ausgegeben
wird. Das Mühlenkölsch schmeckt würzig, aber nicht zu stark und passte
gut zu unseren deftigen Speisen. Nach diesem Einstieg begann nun -
Zitat Lützenkirchen - der »Ernst des Tages«. Wir waren ja schließlich
nicht zum Vergnügen in Köln, sondern sollten viel über die Stadt und
ihr Bier lernen. Schon im Mittelalter spielten die Brauer in Köln
eine große Rolle. Seit 1218 war die Stadt eine freie Bürgerstadt und
die Zünfte regelten die Stadtpolitik. Die »Gaffeln« - daher
Gaffelkölsch - als die politische Vertretung der 22 Zünfte in Köln
bildeten den Stadtrat. Die Brauer waren eine dieser Gaffeln. Von den 17
Braustätten im 13. Jahrhundert entwickelte sich die
Brauereien-Landschaft bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf 100
Braustätten. Nach der französischen Besetzung braute man dann eher
niedergäriges Bier, wie Pils, für eine größere Vermarktung. So gab es
Ende des 19. Jahrhunderts 135 Groß-Brauereien. Das Kölsch galt nun als
Arme-Leute-Bier. Erst in den 70er und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts
änderte sich das, auch durch den gestiegenen Tourismus in Köln. Nach
dem Ersten Weltkrieg begann man wieder von vorn und zählte schließlich
50 Hausbrauereien. 1946 gab es nur noch zwei Brauereien. Danach wuchs
die Zahl der Kölschbrauereien zunächst auf 24 an. Aktuell finden wir 26
verschiedene Kölschsorten, darunter gibt es 11 Hausbrauereien. Soviel
zunächst zur Geschichte des Kölschen Bieres.
Unser Weg führte nun zum Gürzenich, eine Festhalle und im Mittelalter
das Zentrum der Stadt. Die Kirche »St. Alban« ist integriert in den
modernen Teil des Gürzenichs. Das ist architektonisch gelungen, ebenso
wie der Übergang ins moderne Wallraff-Museum. Hier befindet man sich in
der sogenannten archäologischen Zone mit den Ausgrabungen des alten
jüdischen Viertels. Für die Zukunft plant man ein jüdisches Museum auf
den Ausgrabungsresten.
Nach so viel gehörtem Wissen über Geschichte und Archäologie hatten wir
uns unsere zweite Einkehr verdient. Ein Früh-Kölsch im »Früh« am Dom.
Der Name »Cölner Hofbräu« hat nichts mit einer Hofbrauerei eines
Königshofes zu tun (Stichwort Freie Bürgerstadt), sondern kommt vom
Straßennamen »Am Hof«. Das Früh-Kölsch ist laut Herrn Lützenkirchen
zwar nur auf Platz 1b, aber trotz der vielen Touristen kann der »Kölner
ansich« sich dieses Kölsch auch schmecken lassen. Hier kann man über
dem Portal das Relief des Heiligen St. Petrus sehen, der als
Schutzpatron der Bierbrauer gilt und immer mit einem Schwert im Kopf
dargestellt wird. Auch in der anschließend besuchten Kirche »St.
Andreas«, eine von 12 romanischen Kirchen in Köln,
begegneten wir erneut dem Patron. Am 29. April findet jährlich das
Patronatsfest statt. St. Andreas ist die Kirche der Kölner Brauer.
Das »Gaffel am Dom« im Deichmannhaus, einem ehemaligen Bankhaus, ließen
wir links liegen, befindet es sich dort doch erst seit drei Jahren und
hat mit den ursprünglichen Hausbrauereien wenig zu tun. Nun führte
unser Weg unter den Domplatten her. Hier spürte man literarische
Geschichte. In Günters Grass‘ Hundejahre besucht der Protagonist die
gewaltigen Pissoiranlagen unter den Gleisbrücken, die es jetzt nicht
mehr gibt. Wirklich einladend ist diese Gegend nicht. Geplant ist, die
Domplatten abzureißen. Vorbei an der Kölner Philharmonie – hier hinter
befand sich die römische Stadtgrenze am Ufer bzw. am Hafen des Rheins –
gelangten wir zu unserer dritten
Einkehr: das Brauhaus »Sion«. Tipp: Jeden Donnerstag um 12.30 Uhr kann
man bei einer Probe in der Philharmonie kostenlos zuhören! Seit
1318 besteht hier eine Braustätte. 1936 übernahm die Familie Sion die
Brauerei. Hans Sion gilt als der Vater des modernen Kölschs, der sich
für die Entwicklung und Verbreitung des Kölsch einsetzte. Heute wird im
Brauhaus nicht mehr gebraut, sondern im »Kölner Verbund« in einer
Braustätte in Köln-Mühlheim, der Bergischen Löwenbrauerei. Und wie
schmeckte das Sion-Kölsch? Gut, auf Herrn Lützenkirchens Liste der
Favoriten ebenfalls ein guter 1b-Platz.
Mit dem »Alter Markt« beginnt die sogenannte Kölner Altstadt, im Grunde
nur ein kleines Quartier mit historischen Fassaden, restauriert und für
den Tourismus passend in Szene gesetzt. Dass sich die eigentliche
ursprüngliche Stadt seit der Römerzeit auf ein viel größeres Areal
erstreckt, wissen wir ja längst. In der Altstadt rund um »Groß St.
Martin« tummeln sich etliche Wirtschaften, Gasthäuser, Kneipen und
Brauhäuser. Wir besuchten nicht: das Brauhaus Peters im
Brüggelmannhaus, das Gaffel, das ebenfalls kein ursprüngliches Brauhaus
ist, aber als ältestes urkundlich bezeugtes Haus am »Alter Markt« gilt,
das Gilden-Kölsch - wird in der Bergischen Löwenbrauerei/Verbund in
Mühlheim gebraut - und das Päffgen, deren eigentliche Hausbrauerei im
Friesenviertel zu finden ist.
Unsere
nächste Einkehr war »Sünner Im Walfisch«, das nur das Gasthaus und
nicht die Braustätte ist. Die findet sich seit 1858 in Köln-Kalk, das
auch eine Lohnbrauerei für andere Kölsch-Sorten ist. Sünner ist seit
1830 im Familienbesitz und gilt als älteste Brauerei der Welt. Zunächst
in Deutz zu Hause (dort bis vor dem Zweiten Weltkrieg die
Sünner-Terrassen), vergrößerte man sich im Laufe der Industrialisierung
und erwarb Flächen in Kalk. Nach dieser wunderbaren Stärkung
folgte wieder die Kultur. Wir besichtigten die Kirche »St. Maria im
Kapitol«, eine romanische Kirche, die auf einem römischen Kapitol
gebaut wurde, mit einem schönen alten Kreuzgang, den man so mitten in
einer Großstadt nicht vermuten würde. Eine erholsame Oase im
Großstadttrubel!
Vorbei am alten, mittlerweile abgerissenen Polizeipräsidium am
Waidmarkt, besuchten wir noch kurz »St. Georg« mit ihrem
außergewöhnlichen Westwerk. Wir erreichten nun die imposante
Einsturzstelle des Kölner Stadtarchivs. Wenn man dieses Riesenloch
sieht, wird einem das Ausmaß dieses Unglücks bewusst. Zwei Menschen
sind hier 2009 ums Leben gekommen, 90 Prozent der archivierten
Unterlagen und Dokumente wurden verschüttet. Man geht davon aus, dass
die Restaurierung des Archivgutes bis zu 30 Jahre dauern wird. Ein
Neubau ist am Eifelwall geplant, doch aufgrund der miesen finanziellen
Verhältnisse zunächst gestoppt.
Unser letztes Ziel war die Severinsstraße. Im Laufe der letzten 150
Jahre gab es zwischen Waidmarkt und Chlodwigplatz bis zu 30 Brauhäuser.
Nach jahrelanger Bausstelle ist die Severinsstraße ansprechend
umgestaltet worden. Berühmt war bzw. ist die Reissdorf-Brauerei, andere
existieren nicht mehr. Hier sind eher die Studenten-Kneipen zu Hause.
Unsere
letzte Einkehr – mittlerweile qualmten unsere Füße – war »Früh im
Veedel«, das humorvoll wegen seiner Rentnertreffen morgens früh auch
der Invalidendom genannt wird. Das »Früh« war und ist in der Südstadt
eine bekannte und wichtige Institution. Wir freuten uns über unser
Abschluss-Kölsch und ein kleines Abendbrot. Wer wollte, bestellte
wiederum Kölsche Spezialitäten wie »Ne Halve Hahn« oder »Kölsche
Kaviar«. Erwähnenswert zum Schluss ist das Preisgefälle zwischen
den einzelnen Brauhäusern. Während man im Zentrum, insbesondere in den
touristischen Gasthäusern, Preise von 1,70€ bzw. 1,80€ zahlt, kostet
ein Kölsch in der Südstadt am Severinstor nur 1,35€.
Am Ende waren wir froh, dass wir mit dem Bus zurück zum Bahnhof fahren
konnten. Das war ein schöner und aufschlussreicher Tag – dank eines
engagierten und charmanten Stadt- und Brauereiführers. Vielen Dank,
Herr Lützenkirchen und vielleicht bis zum nächsten Mal! Und nicht zu
vergessen, ein Dank an den Organisator des Ausflugs Rainer Wolf.
Text Anja Weigerding - Fotos Michael Düssel, Rosemarie Grünberg
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