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S T U D I E N F A H R T E N 2025

Studienfahrt vom 31. Mai - 1. Juni nach Maastricht

Unsere Studienfahrt nach Süd-Limburg

Tüüt, tüüt – pünktlich um 8:30 Uhr tauchte unser „Büslein“ – wie es Simone im Reisebericht unserer Rheingau-Tour vor zwei Jahren genannt hat – an der Reisebushaltestelle in Wuppertal-Oberbarmen auf. 16 Konventuale wurden in zwei Etappen in Wuppertal abgeholt. Eine kleine Gruppe in Wuppertal-Oberbarmen und der andere Teil in Wuppertal-Sonnborn am Bayer Sportpark. Ca. zwei Stunden Fahrt liegen vor uns.
Doch welche Weinbaugebiete sind in ca. zwei Stunden von Wuppertal aus erreichbar? Nein, es geht nicht an die Ahr! An diesem Wochenende führt uns unsere Studienfahrt nach Maastricht in die Niederlande.
Hä? Weintour in die Niederlande? Gibt’s da tatsächlich Wein und Winzer? Das wollen wir an diesem Wochenende herausfinden.




1. Tag, Samstag, 31. Mai 2025

Hendrik Ruitenberg, Vorstandsmitglied vom „Hochheimer Weinclub – die Genußspechte e. V.“ hat verschiedene niederländische Weingüter aus anderen Studienfahrten, die er organisiert hatte, kennengelernt. Er hat auch für unsere Weintour die Weingüter ausgewählt und die Kontakte und Termine zu den Weingütern organisiert.
Unser erstes Ziel ist das Wijngoed Hoeve Nekum. Wir werden von Math Bollen, dem Besitzer von Hoeve Nekum, empfangen.

Wijngoed Hoeve Nekum

Die Weinberge von Hoeve Nekum befinden sich im Jekerdal bei Maastricht, dem ältesten Weinanbaugebiet der Niederlande. Die Ursprünge von Hoeve Nekum reichen bis ins Jahr 1304 zurück. Es ist das zweitälteste Weingut der Niederlande. (www.hoevenekum.nl)

Seit 1934 wird der Hof von der Familie Bollen bewohnt und bewirtschaftet. 1988 überlegte die Familie, wie die Landwirtschaft des Hofes rentabler gemacht werden kann. Was ist ertragreicher als 34 Milchkühe und etwas Landwirtschaft? Schon in den 60er Jahren hatte der Nachbarhof einen Weinberg. Man hatte den Eindruck, dass der Weinbau durchaus ertragreich sein könnte. Weißwein ist „einfach“ gemacht: „lesen – pressen – gären – und im Januar ist alles fertig“. So fiel seinerzeit die Entscheidung leicht, es mit Weinbau zu versuchen. Eine gute Entscheidung, wie uns Math Bollen, der das Unternehmen mit Leidenschaft leitet, stolz berichtet. 1992 wurde dann der erste Wein gelesen.

Ein besonderer Meilenstein in der Geschichte des Weinguts war die Lieferung von 60 Flaschen Riesling 1999 für die königliche Hochzeit von Willem-Alexander und Máxima im Jahr 2002. Im Jahre 2003 wurde Hoeve Nekum zum besten Weingut Limburgs gewählt.

Derzeit bewirtschaftet das Weingut 7 ha und kultiviert dort acht verschiedene Rebsorten, darunter Riesling, Auxerrois, Pinot Blanc, Gewürztraminer, Solaris, Rivaner (Müller-Thurgau) und Pinot Noir. Weiterhin wird aber auch mit neuen Piwi-Rebsorten experimentiert. So wurde auch eine Parzelle mit Voltis angelegt. Voltis, eine spätreifende Piwi-Traube, ist seit 2022 auch zur Champagnerherstellung zugelassen. Laut Math Bollen ist eine erste Gitterbox unterwegs zum Degorgieren.

Die Weinberge liegen an den steilen Süd- und Südosthängen des Louwberges. Die Neigung von bis zu 42 % und die teilweise Ausrichtung nach Süden bieten beste Bedingungen für eine perfekte Reifung. Die Böden bestehen überwiegend aus einer dünnen Lössschicht auf Kiesel und Mergel. Alle Weine tragen das „BOB Mergelland“-Zertifikat. Dies steht für authentischen Wein aus dem limburgischen Mergelland.

Bei der Führung durch den Keller und zu einem Schauweinberg neben den Gebäuden wurde uns die Weinbereitung erläutert. Bemerkenswert ist der hohe Automatisierungsgrad bei der Bearbeitung der Weinberge (z. B. durch einen Vollernter) und im Keller. Auf dem Schauweinberg ist eine Anlage mit Minimalschnitt zu besichtigen. Man erkennt die ausgesprochen buschigen Reben, die später mit einem Vollernter gelesen werden.
 
Wir verkosten unsere ersten niederländischen Weine. Dazu wurden uns mehrfach wohlschmeckende belegte Schnittchen gereicht. Die Weinbeschreibungen sind den Flaschenetiketten entnommen.

2023 Rivaner, trocken, Mergelland
Der Wein hat eine helle Farbe. Er hat ein blumiges Bouquet und einen fruchtigen Geschmack mit einem zarten Muskataroma. Er hat eine frische Säure und einen trockenen, weichen Abgang.

2023 Cuvée, Limburgse Landwijn, Maastricht
Dieser Wein ist eine Cuvée verschiedener Rebsorten, darunter Solaris, Riesling und Gewürztraminer. Frische Aromen, fruchtig mit einem Hauch von Rose. Fruchtiger Geschmack mit sanfter Säure für einen erfrischenden Abgang.

2023 Pinot Noir Rosé, trocken, Mergelland
Der Wein hat eine hellrosa Farbe. Er hat ein fruchtiges Bouquet mit deutlichen Noten von Erdbeeren und Kirschen am Gaumen und einen weichen Abgang mit frischer Säure.

2020 Pinot Noir, trocken, Limburg
Ein junger, heideroter Wein. In der Nase präsentiert er frische Aromen von Wurzelfrüchten und leichten Holznoten. Er hat einen sanften Auftakt von Kirschen und Brombeeren. Seine sanfte Säure sorgt für einen erfrischenden Abgang. Math Bollen erläutert uns, dass er die leichte Holznote mit Chips erzeugt.

2022 Solaris, Late Oogst (Spätlese), Limburg, Alc. 16%
Dieser süße Weißwein wird aus der Solaris-Traube hergestellt. Seine Farbe ist etwas gelblicher. Er hat ein würziges und blumiges Aroma und einen reichen, süßen Geschmack mit knackiger Säure und einem kraftvollen Abgang. Dieser Wein solle zu süßen Desserts wie Eis, Kuchen oder Obst serviert werden.

Wir erleben eine erfolgreiche Weinprobe in dem sehr schön ausgebauten Verkostungsraum unter dem Scheunendach. Mit diesen tollen Eindrücken machen wir uns auf den Weg zu unserer nächsten Probe.




Wijngaard Slavante und Grand-Cafe-Buitengoed Slavante

Eine kurze Fahrt bringt uns zum Wijngaard Slavante und dem Grand-Cafe-Buitengoed Slavante. Unser Busfahrer gibt auf halben Weg hinauf zum Grand-Café auf. Die Straße ist zu eng für den Bus, selbst PKWs haben Probleme in den engen und steilen Kurven. So müssen wir den Rest des Weges zum Grand-Café zu Fuß machen.

Das Grand-Café Buitengoed Slavante ist ein romanti¬sches Lokal aus dem Jahr 1846 am Hang von Sint-Pietersberg mit herrlichem Blick auf die Maas und das Maastal. In einer nostalgischen Umgebung genießen wir an einem großen Tisch draußen auf der Terrasse Kaffee und Kuchen.

Danach dürfen wir an den rustikalen Tischen nebenan auf der Aussichtsplattform noch einen 2023 Schouwen-D®uiveland Souvignier Gris, Wijnhoeve De Kleine Schorre probieren, den Hendrik Ruitenberg gekühlt für uns mitgebracht hat.
So gestärkt fällt der Abstieg zum Bus leichter als der vorherige Aufstieg und wir fahren zum nächsten Weingut.




Wijngaard Apostelhoeve


Wijngaard Apostelhoeve ist das älteste, größte und renommierteste Weingut des Landes. Es liegt in der Nähe von Maastricht auf dem Louwberg in einer der schönsten Gegenden Limburgs. Zurzeit werden dort ca. 20 ha auf den kalkhaltigen Böden an den Südhängen des Jekerdals bewirtschaftet. Diese Lagen bringen ausdrucksstarke Weißweine hervor. Angebaut werden Riesling, Müller-Thurgau, Grauburgunder, Auxerrois, Pinot Gris und seit 2020 auch Viognier. (https://www.apostelhoeve.com/de)

Wir waren nicht die einzige Besuchergruppe am heutigen Tag und wir konnten erkennen, dass das Weingut sehr gut auf Besuchergruppen eingestellt ist und diese auch gerne und professionell durch Weinberg, Kelterei und Weinkeller mit anschließender Verkostung führt.

Wir wurden von Mathieu Hulst, dem Chef, persönlich empfangen. Während seiner Führung erzählte er uns vom Weinbau in den Niederlanden und von der Geschichte dieses Weinguts.

Schon die alten Römer bauten in dieser Gegend Wein an. Im späten Mittelalter ging der Weinbau jedoch vollständig zurück. Erst in den 1970er Jahren wurden die ersten Reben an den südlichen Hängen des Jekerdals auf dem Apostelhoeve wieder gepflanzt. Hugo Hulst, ein Obstbauer, hatte beschlossen hier einen Weinberg anzulegen. Mit den Auswirkungen des Klimawandels wurde ab ca. 1985 der Weinanbau einfacher. Apostelhoeve produziert heute mehr als 110.000 Flaschen Wein.

Stolz berichtet uns Mathieu auch, dass sein Auxerrois in der Osteria Francescana in Modena, das mehrfach zu einem der besten Restaurants der Welt gekürt wurde, angeboten wird.

Der Betrieb arbeitet weitgehend vollautomatisiert, gelesen wird seit 10 Jahren mit einem Vollernter. Viognier und Grauburgunder werden zum Teil auch im Barrique ausgebaut. Die Fässer werden i. d. R. zwei bis drei Jahre benutzt.

Der Generationenübergang ist im vollen Gange. Mathieus Söhne haben den Hof schon so gut wie übernommen.
Bei schönem Wetter verkosten wir auf einer schattigen Terrasse:

2023 Auxerrois
Ein toller Wein, der sich in einem 3-Sterne Restaurant sehen lassen kann.

Dazu gab es als Häppchen Vollkornbrot mit rohem Schinken – lecker.

2024 Cuvée XII

2023 Pinot Gris

Und als Zugabe einen
2023 Pinot Gris Barriques

Eine entspannte und auch interessante Weinprobe mit ausgezeichneten Weinen, die wir alle sehr genossen haben. Gut gelaunt verlassen wir das Weingut und freuen uns auf unser Degustationsmenu in unserem Hotel.

Dort ist im Hotelrestaurant Seasons ein 3-Gänge Menu mit begleitenden belgischen und niederländischen Weinen für uns geplant.

Leider mussten wir zum Ausklang des ersten schönen Tages unserer Weinreise erleben, dass Küche und Service des Restaurants völlig überfordert waren. Das Hotel und das Restaurant waren voll besetzt, weil zeitgleich am selben Tage noch eine Großveranstaltung stattgefunden hatte. Mit unserer Beschwerde am Abend konnten wir noch erwirken, dass uns die Kosten für Kaffee, Wasser, Bier und Softgetränke erlassen wurden. Es folgte noch eine spätere schriftliche Entschuldigung aus dem Hotelmanagement. Die Enttäuschung über den Abend bleibt aber in unserer Erinnerung.

Jedoch konnten nach dem Essen noch einige Getränke und gute Gespräche zumindest den Abend zum Teil retten.

Michael Düssel





Maastricht

Nach einem ausreichenden, nicht besonders spektakulären Frühstück checkten wir aus und fuhren mit unserem kleinen Bus in die Innenstadt zu einem Parkplatz direkt an der Maas. Ein kurzer Fußweg führte uns auf den Marktplatz mit Blick auf das Stadhuis Maastricht.

Dort empfing uns unser Guide, Peter Corsius (www.mastrichtguide.com), ein sympathischer und origineller Typ, der uns äußerst charmant und sehr kundig durch die Altstadt führte. Dabei erfuhren wir so allerhand Hintergrundinformationen, vorgetragen mit einem netten holländisch-deutsch-rheinischen Akzent.




Thiessen Weinhandel

Mittags dann – wir waren nun auch müde und durstig – erwartete uns im Thiessen Weinhandel, dem ältesten Weinimporteuer der Niederlande mit dem ältesten Weinkeller, eine abwechslungsreiche Weinprobe inklusive einer Führung durch die Gebäude und den Keller (https://thiessen.nl).

Ein fachkundiger und ebenfalls sehr charmanter junger Mann lud uns zu Weinen und passenden Häppchen ein. Wir verteilten uns um mehrere runde, höhere Tische mit Barhockern davor. In der Mitte des Raumes gab es einen großen runden Tisch, gebaut aus dem oberen Teil eines Weinfasses. Sehr individuell und interessant. Der Raum wirkte insgesamt sehr stylisch mit viel Atmosphäre und Geschmack.

Zum Start der Weinprobe wurde ein „Crémant d‘Alsace, Francois Bléger, Blanc de Noirs“ von Grauburgunder-Trauben aus dem Elsass geöffnet. Dazu wurden Lachshäppchen, eine Art „Poffertjes“, mit Kaviar gereicht. Crémant und Häppchen passten natürlich gut zusammen.
Den zweiten Wein kannten wir schon von unserem Besuch bei Apostelhoeve am Samstag: der 2023er Auxerrois überzeugte erneut. Ein Rinder-Carpaccio mit Kimchi auf Reispapier harmonierte sehr gut mit dem Wein.

Nun wurden wir eingeladen, den nächsten Wein zu erraten. Ich musste passen, aber das Geheimnis wurde bald gelüftet: ein Chenin Blanc aus Südfrankreich mit dem witzigen Namen „Catch Me If You Can“: „Chenin Blanc, Attrape moi si tu peux, Catch me if you can; Claude Vialade“ Dazu – auch wieder toll passend – eine vegetarische Quiche mit Ricotta und Spinat.


Übrigens: nach Servietten mussten wir explizit fragen. Und das passierte uns ja nicht zum ersten Mal – Servietten kennen die Holländer anscheinend nicht ...

Anschließend folgte ein spanischer Rosé aus der Bobál Traube „Norte Sur, Rosado, Organic Wine, Dominio de Punctum“. Nur in La Mancha, ein Landstrich in Zentralspanien, wächst die Bobál-Traube mit ihren dickeren Schalen, die für kräftigere Rosés als anderswo sorgen. Als Rotwein hätte der Wein zu viele Tannine. Fruchtaromen von Erdbeeren und Himbeeren stachen in die Nase und der Rosé passte hervorragend zu einem Curry mit Paprika, Hühnchen und Lauchzwiebeln.

Zwischen den Verkostungen durften wir die Räumlichkeiten und den Weinkeller des Weinhandels anschauen. 1717 begann man hier – im ältesten Weinhaus der Niederlande – Burgunder aus Frankreich zu verkaufen, den man über die zahlreichen Kanäle, aber auch mit Pferdewagen transportierte. Heute werden die alten Gebäudeteile, insbesondere der Weinkeller aus dem 14. und 16. Jahrhundert für Veranstaltungen und Hochzeiten genutzt. Im sogenannten Champagner-Keller beispielsweise bekommen die Brautleute und ihre Gäste einen Aperitif serviert – sehr stilvoll! Im 1200 m²-großen Weinkeller, in dem es noch Teile von originalen Verteidigungsanlagen gibt, lagern 250.000 Flaschen Wein ...

Einen einladenden Garten gibt es auch: hier wachsen Regent und Grauburgunder-Weinstöcke. Allerdings wird kein eigener Wein gekeltert – im Boden gäbe es keine ausreichenden Mineralien. Wir konnten noch die alten Bodenfliesen in den Räumen und Fluren bewundern, ehe es mit dem 5. Wein weiterging.

Nun waren die Rotweine an der Reihe: ein Dolcetto di Ovada aus dem Piemont „2018 Dolcetto d‘Ovada, Azienda Agricola Tacchino“. Die Dolcetto Traube ist eine kleine, süße Traube. Der Wein wurde in einem gebrauchten Barrique-Fass ausgebaut. In der Nase reife Früchte, Kräuter und Kirschen – so servierte man uns dazu gedämpfte Nudeln mit Pulled Chicken und Salat. Auch wiederum eine gelungene Kombination.

Zum Abschluss probierten wir einen Malbec aus Argentinien „2023 Septima Obra, Malbec, Bodega Septima, Mendoza“. Dieser weiche und komplexe Rote gefiel uns besonders gut, auch weil das dazu gereichte Häppchen ungewöhnlich erschien, aber wirklich ein besonderes Geschmackserlebnis bot. Nämlich die typische niederländische Spezialität „Bitterballen“, ein Snack aus Fleisch, hier und heute mit Hühnchenfleisch, mit in einer fritierten Kruste. Lecker!

Wikipedia sagt dazu: Bitterballen (Plural; Singular: bitterbal) sind eine in den Niederlanden, Flandern, Suriname und Indonesien beliebte Spezialität. Es handelt sich um panierte, traditionell mit einem Ragout aus Rind- oder Kalbfleischmasse gefüllte und frittierte Fleischkroketten, die einen Durchmesser von rund drei Zentimetern aufweisen. Gelegentlich wird für die Füllung auch eine Masse aus Hähnchenfleisch oder Pilzen verwendet. Als Paniermasse dient meist grobes Paniermehl. Beim Verzehr sollten sie außen knusprig und innen heiß sein. Dazu wird meistens Senf gereicht.
Zu ihrem Namen kamen die Fleischbällchen, weil sie ursprünglich zu einem Magenbitter, niederländisch bittertje, gegessen wurden.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts galten Bitterballen als typische Hausmannskost, heute werden sie jedoch meist als kleiner Snack zum alkoholischen Getränk außer Haus gereicht. Populär ist hierbei in Gaststätten und Bierlokalen die Bestellung Bittergarnituur, die neben Bitterballen andere kleine frittierte Snacks und Käsewürfel umfasst.

Übrigens: Selbst die Toiletten in diesem tollen alten Gebäude sind stylisch und ansprechend eingerichtet! Ein modernes Ensemble ganz in „oranje“ ...




Wijndomein St. Martinus

Und schon ging es mit dem Bus wieder weiter. Nächstes Ziel war die Wijndomein St. Martinus, das größte Weingut der Niederlande (https://www.wijngaard
martinus.nl, Texte auch in Deutsch). Hier werden im schönen Limburger Land, nicht weit entfernt von der niederländisch-deutschen Grenze, auf 10 ha klassische Rebsorten und auf 18 ha Piwi-Sorten konventionell angebaut.
In einem durch große Glasfronten hellen Verkostungsraum nahmen wir an einer langen Tafel Platz. Mit Blick auf eine idyllische Aussicht auf die Limburgischen Hügel, malerisch mit bunten Kühen auf den Weiden, erwarteten wir unsere Weinprobe. Begleitet wurden die Weine von einer Vesperplatte mit Brot, Käse, Schinken und Salami. Köstlich!

Hans Beurskens startete um 1980 mit einem kleinen Weinberg und versuchte sich in der Weinherstellung. Nach dem Umzug der Familie in die Nähe von Vijlen wurde dort 1986 ein neuer Weinberg angelegt. Nach einigen Experimentieren mit den verschiedensten roten Rebsorten wurde 1990 der erste Rotwein aus acht verschiedenen Rebsorten hergestellt. 1995 übernahm Stan Beurskens das Weingut von seinem Vater und führte es in den folgenden Jahren zu einem international anerkannten Weinbaubetrieb. Inzwischen bewirtschaftet das Weingut 28 ha.

Die Verkostung startete auch hier mit etwas „Prickelndem“ – ein Secco aus Müller-Thurgau und Muscaris, eine ungewöhnliche Kombination. In die Nase stachen Passionsfrüchte, insgesamt war der Secco ziemlich süß.

Später konnten wir den Weinkeller, den es seit 10 Jahren gibt, anschauen. 18 m tief (!) wurde er 3-geschossig in die Erde gebaut! Seitdem kann das Weingut den gesamten Ablauf, schon allein rein logistisch, wesentlich leichter bewerkstelligen. Für die Produktion von fast 140.000 l ist der Keller inzwischen fast zu klein. Sie hoffen, in 5-6 Jahren weiter auszubauen.

St. Martinus ist wohl für andere Weingüter längst ein Vorbild, sie beraten andere Winzer (eigene Beratungsfirma) und/oder leihen ihre modernen Geräte aus. Uns fiel besonders die Modernität und die Sauberkeit im Keller auf. Interessant ist auch ein Versuchsprojekt: statt Sulfite wird ein Zitronenmelissenextrakt als Anti-Oxidationsmittel ausprobiert.

Unsere Frage nach einer eventuellen Spontanvergärung wurde insofern verneint als betont wurde, dass „das zu lange dauern“ würde. Außerdem könnten die Hefen auch noch sehr wohl einen gewissen Geschmack beisteuern.

Eine weitere Frage zielte auf die Lagenbezeichnungen, die wir in Deutschland kennen. In den Niederlanden ist dies nach erst 40 Jahren noch keine Tradition. Es gäbe sehr viele einzelne Parzellen und wenige größere Flächen. Ob die Wertigkeit der Böden aber dann über eine gewissen Fläche gleich wäre? Das schon, wurde geantwortet, aber dass es daraufhin keine Qualifizierung gäbe. So ergab sich eine fachliche Diskussion über die Besonderheiten des niederländischen Weinanbaus und die Unterschiede zu Deutschland. In den Niederlanden werden beispielsweise sehr oft Cuvées ausgebaut mit dem Ziel einen bestimmten Geschmack zu erzielen. Das heißt, man strebt wohl meistens nach demselben Endresultat, der dem Verbraucher gefällt. So werden auch schon mal mehrere Jahrgänge vermischt, so beispielsweise für die rote Cuvée „7 Zonden“.

Die Holzfässer würden ca. 6-8 Jahre für Wein benutzt, anschließend käme Grappa in die Fässer. Oder auch ein Spezial-Bier – das ergäbe dann ein Bier mit Weingeschmack!

Die Kunden des Weinguts sind hauptsächlich kleinere Geschäfte, Gastronomie und Hotels. Aber auch über den Online-Handel oder vor Ort im Weingut können die vielfältigsten Weine und Sekte erworben werden.

Eine Besonderheit noch: Man kann sich tatsächlich einen Wein nach dem eigenen Geschmack bestellen (wenn man mindestens 1400 l abnimmt).

Noch gibt es keinen Export ins Ausland, denn zurzeit wäre die Nachfrage höher als das Angebot.

Das Ende der Weinprobe und Kellerbesichtigung war auch das Ende unserer Reise. Wir sammelten uns zunächst noch einmal auf dem Vorplatz des Weinguts, um uns auszutauschen und uns vom Ehepaar Hackemann zu verabschieden.

Mit unserem kleinen Bus ging es dann über das grenznahe Vaals und am Rand von Aachen vorbei über die Autobahn nach Wuppertal. Am Parkplatz der Bayer-Sporthalle stieg der erste „Schwung“ aus, der „Rest“ erreichte sein Ziel wieder in Oberbarmen.

Mein Fazit: Weinanbau in den Niederlanden: sehr interessant, hatte man alles gar nicht so „auf dem Schirm“, allerdings ein höheres Preisniveau als in Deutschland und abgesehen von einigen wirklich sehr guten Ausnahmen nicht unbedingt die super Spitzenweine.

Vielen Dank an die Organisatorinnen und Organisatoren Karin Ehlich, Susanne und Hendrik Ruitenberg für dieses einmalige Erlebnis!

Anja Weigerding








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