Home & Aktuelles
Jahresprogramm
Treffpunkt
Studienfahrten
Festliche Probe
Publikationen
Links
Events im WWW Presse

Über den Konvent

   

S T U D I E N F A H R T - Bacharach 2011

Studienfahrt nach Bacharach vom 21. bis 22.Mai

Los geht's am Samstagmorgen. Nach einer kurzen Nacht wache ich von alleine um halb 6 auf. Schnell geduscht, das Picknick im Rucksack verstaut und schon verlasse ich das Haus in Richtung Bushaltestelle Hahnerberg. Am Hahnerberg stelle ich fest, dass der Bus laut Plan 6 Minuten später kommen soll als ich mir vorher aufgeschrieben hatte. Während ich so überlege, was ich machen könnte, saust ein Taxi mit dem Ehepaar Veken vorbei. Ich winke – und tatsächlich – sie haben mich gesehen und ich darf einsteigen. Aber was ist mit meinen beiden Cronenberger Mitfahrerinnen Simone und MittelrheinSusanne? Sie wollten auch den Bus nehmen – kommen sie nun zu spät? Nein, alles klar, sie sind auch pünktlich am Bahnhof, die frühe Aufregung kann sich legen und macht einer „heiteren Gespanntheit“ Platz. Der ICE ist angenehm leer, lachend und plappernd suchen wir unsere Sitzplätze auf. Kaum haben wir es uns bequem gemacht, werden die ersten „Bütterchen“ und Thermoskannen ausgepackt. Manch einer könnte eine ganze Kompanie versorgen, aber so ein Gläschen (bzw. Becherchen) Sekt am frühen Morgen macht schon Spaß (und soll ja auch den Kreislauf stärken. Von Koblenz aus fahren wir mit der er kleinen Mittelrheinbahn weiter und sind schnell am Ziel. Die Bacharacher Bürger sollen ruhig mitbekommen, dass wir nun über's Wochenende zu Besuch sind und so rattern gefühlte 120 Trolleys über die pflastersteinüberzogene Hauptstraße vom Bahnhof zum Hotel Altkölnischer Hof. Wir dürfen die Koffer im Hotel abstellen und machen uns auf den Weg zu unserem ersten Termin im Weingut Ratzenberger in Bacharach-Steeg.

„Hackemanns“ und Regina Herz, unsere „Pfälzer“, sind nach einem kleinen Ausflug auch schon da und so kann uns Herr Ratzenberger mit einem köstlich Winzer Jochen Ratzenbergererfrischenden Riesling brut begrüßen. Im kühlen Innenhof entspannen wir uns und hören, dass die anhaltende Trockenheit bisher noch kein Problem für den Wein darstellt. Wir sollen unser Glas mitnehmen und werden in den Keller geführt, der so seit über 150 Jahren 40 Meter in den Hang gebaut ist und mit seiner hohen Luftfeuchtigkeit ideale Bedingungen für den Weinausbau bietet. Dort dürfen wir einen 2010er Riesling aus dem Fass probieren. Dieser Wein ist noch jung, man erkennt aber sein Potenzial. 2010 gab es eigentlich überall in Deutschland eine quantitative Ernteeinbuße. Was der Klimawandel in Zukunft ausrichte, könne man jetzt noch nicht mit Sicherheit sagen. Für den Wein sei es schon schwieriger, wenn es – wie zum Beispiel aktuell 2011 – kein richtiges Frühjahr mehr gibt, aber die Wasserversorgung sei bisher noch gewährleistet, so Herr Ratzenberger. Er benutzt in seiner Toplage „Steeger St. Jost“ zwar auch Berieselungsanlagen, aber das sei bisher „Luxus“ und nicht unbedingt notwendig. Im Garten – terrassenartig zwischen Haus und Weinberg wunderschön mediterran angelegt – verkosten wir weitere Rieslinge aus verschiedenen Jahrgängen und sind begeistert von der Harmonie zwischen Süße und Säure. Frau Ratzenberger bietet an, unsere Rucksäcke und Kühltaschen mit dem Bus Picknick über dem Mittelrheintalzum Weinberg zu transportieren, so dass wir erleichtert lostraben. Aber Rucksack hin oder her – der Aufstieg zum Rastplatz ist doch ziemlich anstrengend! Mittlerweile ist es auch so richtig heiß geworden, die schwüle Luft lässt uns keuchen. Aber der Picknickplatz mit seiner grandiosen Aussicht auf das Mittelrheintal entschädigt uns! Kein Wunder, dass es sich hier um ein UNESCO-Welterbe handelt! Die Familie Ratzenberger hat für uns Biergartentische und -bänke aufgestellt, an denen wir uns verteilen und unser mitgebrachtes Picknick genießen. Dazu bekommen wir noch mal zwei Weine, die diese Rast perfekt begleiten!

Der Abstieg strengt noch einmal an („Aua, aua, mein Knie!“), aber nach einer Erholungszeit im kühlen Hotelzimmer sind wir fit für neue Taten. Wir besuchen das Weingut Dr. Randolf Kauer nur wenige Minuten vom Hotel entfernt am Ortsausgang.Weingut Dr. Kauer Herr Dr. Kauer begrüßt uns alle per Handschlag und freut sich sichtlich über unseren Besuch. Wir vergleichen den Riesling Kabinett „Bacharacher Wolfshöhle“ aus den Jahren 2010, 2009 und 2008 (Zitat Herr Dr. Kauer: “Wir probieren zunächst mal was Junges, also von 2010, aber sonst will ich eigentlich heute Wein trinken!“). Der 2009er überzeugt uns schon sehr, aber später holt Herr Dr. Kauer noch seine „Asse aus dem Ärmel“, eine feinherbe („international trocken“!) Spätlese aus Alten Reben beispielsweise, die mit 15,5 g/l Süße durchaus angenehm süß erscheint. Einen Top-Abschluss der Weinprobe bietet der Öko-Winzer mit seiner 2007er Riesling Auslese, die wir begeistert genießen. Herr Dr. Kauer hat von Anfang an Bio-Weinbau betrieben, seit 2003 hat er auch eine Professur für Bioweinbau in Geisenheim inne. Er will aber nicht andere bekehren, er lebt und arbeitet mit seinem Credo: „Ich mache Weine, die Spaß machen sollen und von denen man auch mal mehr trinken kann!“ Seit 2006 ist das Weingut konsequent auf Drehverschlüsse umgestiegen und wir lernen einmal mehr eine der vielen Meinungen zu „Kork - ja oder nein“ kennen (Dr. Kauer denkt da ganz ökonomisch: wenn von wenigen, weil qualitativ hochwertigen, Weinen nur eine Flasche Kork hat, mindert dieser Ausfall den Gewinn.) Im Keller, der sich in eine natürliche Felsgrotte erstreckt, entdecken wir dann eine Besonderheit: Leonardo da Vincis „Mona Lisa“, deren „Kopie ja bekanntlich im Louvre hängt“ (Zitat Kauer) - geschenkt von einem Freund. Hier die „Göttin des Rieslings“, soll dem Winzer und seiner Arbeit wohl gesonnen sein und ihn beschützen. Bisher konnte sich Herr Dr. Kauer wohl auch nicht beklagen. Von Herrn Ratzenberger wie auch jetzt von Herrn Dr. Kauer erfahren wir, dass sich die Bacharacher Winzer untereinander ohne Konkurrenzdenken so gut verstehen und uns die gemeinsame Lieferung anbieten. Wir hören und sehen noch viele interessante Dinge im Weingut Dr. Kauer, bis unsere Vorsitzende („die Chefin“) den Winzer charmant unterbricht: „Alles, was Sie uns jetzt noch erzählen, geht von unserer – äh – Schminkzeit ab…“ Karin Ehlich hat zwar die Lacher auf ihrer Seite, aber Dr. Kauer nickt verständnisvoll.

Es stimmt ja auch, der nächste Termin, unsere kulinarische Weinprobe, ruft, und man (und vor allem frau!) will sich ja schließlich ein bisschen „frisch machen“. Im Rheinhotel Andreas Stüber, Rheinhotel und Dr. Kauerwird uns der Besitzer Andreas Stüber, ein Schwager von Dr. Kauer, ein unglaubliches Menü servieren. Die Weine dazu gibt es vom Weingut Dr. Kauer, aber auch von den Weingütern Helmut Mades und Toni Jost. In einem Nebenraum des Restaurants mit großen Fenstern und Blick auf den Rhein und die Bahngleise verteilen wir uns auf vier stilvoll eingedeckte Tische und werden vom Anfang bis zum Ende mit Köstlichkeiten verwöhnt. Auch die Vegetarier bekommen ein passendes Menü serviert und sind ebenfalls sehr zufrieden. An unserem Tisch gefallen besonders der „Steeger Hinkelsdreck“, eine Geflügelleberpastete und der Ziegenfrischkäse, die unter anderem als Vorspeise auf einer stilechten Schieferplatte serviert werden. Dazu passt hervorragend ein Spätburgunder Weißherbst von Dr. Kauer. Die „Samtsuppe von Möhren und Ingwer“ hätte ein „Tick“ schärfer sein können, harmoniert aber dennoch prima mit einer 2002er Riesling Spätlese. Zum Hauptgericht, entweder Sauerbraten und Medaillon vom Wildschwein oder Ziegenlamm, werden zwei Weine zum Vergleichen gereicht: ein Großes Gewächs, Riesling, von 2004 vom Weingut Helmut Mades (dieses Weingut wurde vor zwei Jahren aufgegeben und vom Weingut Bastian übernommen) und ein Spätburgunder von Toni Jost. Ein interessanter Vergleich. An unserem Tisch kam der Spätburgunder besonders gut an! Das Dessert wird, wunderschön arrangiert, zu einer spontan vergorenen Auslese serviert. Gerade das Parfait von Passionsfrüchten harmoniert wunderbar mit diesem Wein. Als erneut ein Brotkörbchen auf den Tisch gestellt wird, glauben wir, wir befinden uns im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“: „Fängt das ganze [Menü] jetzt wieder von vorne an?“ Nein, das Brot gehört zu einer Käseauswahl, die wiederum perfekt auf der Schieferplatte angeordnet ist, und vom Koch Andreas Stüber persönlich erklärt wird. Dazu wird eine feinherbe Spätlese von 2006, ein Jahrgang, der bei Dr. Kauer für Furore sorgt, gereicht. Alles passt hervorragend zusammen und macht uns restlos glücklich! Als Absacker gönnen sich manche noch ein kühles Pils, aber dann fallen wir doch ins Bett, immerhin haben wir am Sonntag ja noch viel vor.

Am anderen Morgen wecken uns die Kirchenglocken, das Hotel liegt unmittelbar neben der Hauptkirche St. Peter, und wir erscheinen mehr oder weniger ausgeruht zumStadtführung durch Bacharach Frühstück. Gestärkt treffen wir uns um 10.00 Uhr mit unserer Stadtführerin Frau Horl. Kompetent und charmant leitet sie uns durch den Stadtkern von Bacharach, durch engste Gassen führt sie uns zu jahrhunderte alte Häuser und macht uns auf die bedeutende Geschichte Bacharachs aufmerksam. Bacharach war durch seine Lage, den Weinhandel und das Stapelrecht, das Münzeprägerecht und den Zoll, eine bedeutende und auch reiche Stadt. Im Münzturm, den wir bis ganz oben besteigen, bekommen wir ein kühle Erfrischung: einen Spätburgunder Weißherbst Sekt von Dr. Kauer. Wir sitzen in den Mauernischen des Münzturms, genießen die Aussicht und den Sekt und fühlen uns wie vornehme Burgfräulein…

Später rasten wir am Fuße des Weinbergs und bekommen eine kleine, aber feine Karl Heidrich und Frau HorlWeinprobe mit Herrn Markus Heidrich vom Weingut Karl Heidrich. Der sympathische Winzer und seine Tochter haben für uns schon alles vorbereitet. Drei Weine zum Probieren und dazu „Schnitt­chen“ mit Salami oder Käse. Der Spätburgunder Rosé, den wir als erstes im Glas haben, wächst unmittelbar im Weinberg über uns. Auch ein Grauburgunder und ein Riesling Classic munden hervorragend. Für 2010 ist dieser Riesling schon erstaunlich weich und harmonisch.

In der Zwischenzeit sieht es am Himmel schon mal bedrohlich dunkel aus. Es fallen auch vereinzelte Regentröpfchen, die Wolken verziehen sich aber wieder erstaunlich schnell. Danach ist es auch nicht mehr ganz so schwül, so führen wir unseren Stadtrundgang fort und sehen noch das schmalste Haus Bacharachs, liebevoll gepflegte Gärten und immer wieder die uralte Stadtmauer aus Schiefer und Biomaterial wie z.B. aus Schlachthausabfällen.

Zum Mittagessen kehren wir in den „Grünen Baum“ ein. Dort bekommen wir erfrischende Getränke und Hausmannskost. Das schmeckt und stärkt. Als Nachtisch gönnen wir uns in der italienischen Eisdiele zum Cappuccino ein ortstypisches Riesling-Eis. Hmm! Lecker!

Um 14.00 Uhr wandern wir ein kurzes Stück rheinabwärts bis zur Anlegestelle einer kleinen Fähre, die uns zur Heyles'en Werth Insel mitten im Rhein bringt. Dort erwartetWinzer und Sänger F. Bastian uns Herr Friedrich Bastian, ein charismatischer Winzer mit Gesangsdiplom! In einer alten Scheune trägt er mit seiner Bariton-Stimme Gedichte und Lieder über den Rhein, den Wein und die Liebe vor. Dazu werden Weine seines Weingutes ausgeschenkt. Später erfahren wir, dass der Riesling mit dem Namen „Orion“ beispielsweise seinen Namen von einem kleinen blauen Schmetterling, dem „Fetthennen-Bläuling“ erhalten hat. Dieser lebt in der Weinbergslage „Bacharacher Posten“ und steht unter Naturschutz. So war es für Herrn Bastian logisch, seinen Riesling aus dieser Steillage „Orion“ zu nennen. Während des literarischen und musikalischen Vortrages erfahren wir noch so allerhand mehr über deutsche Dichter und Komponisten, die dem Mittelrhein sehr zugetan waren. Aber auch seinen privaten und beruflichen Werdegang erklärt und „ersingt“ uns Friedrich Bastian auf seine besondere Art. Beim Vortrag über die „Seele des Weines“ nach Stefan George, trinken wir eine feinherbe Spätlese von Winzer Friedrich Bastian auf Heyles`en Werth2007 und spüren sehr wohl die „eigene Seele“ dieses Rebensaftes. Als wir anschließend mit dem Winzer über seine Insel spazieren und die Rebstöcke bewundern, erkennen wir die ganze Liebe und Leidenschaft von Friedrich Bastian zu seinem Besitz und seinen Weinen. Mit einem Glas der hervorragenden 1994er Riesling Beerenauslese werden wir entlassen und wieder zum Festland übergesetzt.

Ein wenig Zeit bleibt noch bis zur Rückfahrt, Koffer werden geholt, das eine oder andere Eis geschleckt, dann heißt es Abschied nehmen von diesem hübschen und histori­schen Städtchen. In Koblenz nehmen wir statt des ICs eine Regionalbahn (der IC hätte 40 Minuten Verspätung gehabt). Das bringt zunächst ein bisschen Unruhe und Unmut, weil wir nun nicht alle zusammen sitzen können. Der herumgereichte Abschiedstrunk (Weine von Heidrich) besänftigt aber wieder und so erreichen wir zufrieden um 21.37 Uhr Wuppertal.

Text Anja Weigerding, Bilder Michael Düssel und Bernd Freund

 



Zurück