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S T U D I E N F A H R T - Saar und Ruwer 2012
Studienfahrt Saar und Ruwer vom 5. und 6. Mai
Trink, was klar ist,
Iss, was gar ist,
Red, was wahr ist,
Lieb, was rar ist.
Inge und Peter Sunke haben - wie schon mehrmals - mit dieser
Studienfahrt an die Saar und Ruwer einen Höhepunkt gesetzt. Erstes
Ziel: das 12 ha große Weingut von Hoevel in Konz-Oberemmel, nahe Trier. Maximilian von Kunow gab zunächst im Weinberg »Oberemmeler
Hütte« eine Einführung in das Weingut. Später drängelten wir uns in der
»winzigen« Probierstube »Vorsicht, hinter Dir! Oh,1000-Euro-wertvolle
Beerenauslesen in dicken Glasflaschen!« und bekamen eine professionelle
Weinprobe mit vielen Highlights geboten. Herr von Kunow präsentierte
charmant eine Auswahl seiner hervorragenden Rieslinge. Max von Kunow,
übrigens ein Cousin vierten Grades von Günther Jauch, dessen Weingut
Von Othegraven wir am Nachmittag besuchen sollten, erklärte uns
ausführlich anhand der servierten Weine die Arbeitsweise und
Philosophie des seit 200 Jahren im Familienbesitz befindlichen
Weingutes. Man das neue Selbstbewusstsein der Saar-Winzer weiterhin
stärken und seine Selbstständigkeit gegenüber der »Mosel« ausbauen. Die
»Saar« erfährt zur Zeit eine Renaissance: Zum einen ist dafür der
Klimawandel verantwortlich und zum anderen gibt es, auch durch
Investoren, einen spürbaren wirtschaftlichen Aufschwung. Das Weingut
von Hövel verzeichnet einen enormen Anstieg des Exports, insbesondere
nach Asien und Russland. Die Asiaten lieben gerade die würzigen und
fruchtigen Rieslinge der Saar, die besonders gut zu ihren Speisen
passen. So ist der Export nach China auf 30 % gestiegen. Herr von Kunow
erwähnt das Weingut Egon Müller vom Scharzhofberg, das mit seinen süßen
Weinen zum Exportboom der Saarweine beigetragen hat. Auch die
feinherben Weine aus dem Weingut von Hövel erfreuen sich großer
Beliebtheit. Auf die Frage von R. W. nach dem Restzucker der feinherben
Weine, kommt die selbstbewusste Antwort: »Immer so viel, dass es gut
für den Wein ist!«
Die ersten fünf Weine:
2011 Balduin von Hövel, Riesling Kabinett trocken,
2009 Scharzhofberg, Riesling trocken,
2011 Saar Riesling, Spätlese trocken „R“ (das „R“ steht für die Lage Rosenkamm),
2011 LMEAAX Oberemmeler Riesling, Qualitätswein feinherb.
Ein Wein gefällt uns besonders: ein Oberemmeler Riesling namens LMEAAX,
der aus einer Zusammenarbeit von Max von Kunow und der luxemburgischen
Köchin Lea Linster hervorgeht. Herr von Kunow arbeitet als „Createur du
Vin“ mit Frau Linster zusammen. Entstanden ist ein würziger, aber
filigraner Riesling, der zwar marktorientiert ist, aber gerade deshalb
in der Gastronomie gut ankommt. Nach der Führung durch den
traditionsreichen Keller durften wir unser mitgebrachtes Picknick
auspacken. Dazu wurde uns eine 2010er Scharzhofberg, Riesling Spätlese,
feinherb gereicht.
Im 2. Teil unserer Probe verkosteten wir:
2011 Scharzhofberg Riesling Spätlese feinherb,
und dann zu den Süßen:
2011 Oberemmeler Hütte, Riesling Kabinett,
2011 Scharzhofberg, Riesling Kabinett,
2011 Oberemmeler Hütte, Riesling Spätlese,
2011 Scharzhofberg, Riesling Spätlese,
2011 Oberemmeler Hütte,Riesling Auslese -22- (»22« bezeichnet die Auslese aus dem Fuderfass Nr. 22),
2011 Scharzhofberg, Riesling Auslese -33-.
Während der Verkostung der süßen Weine stellte Maximilian von Kunow
fest, dass insbesondere junge Menschen, die Wein in geselliger Runde
genießen möchten, wieder zu süßeren und nicht mehr zu trockenen Weinen
tendieren. Er bezeichnete den Trend zum »Trocken-Trinken« auch als
deutsches Kopfproblem. Beim Abschied gab es noch eine Überraschung als
Herr von Kunow rief: »Und grüßen Sie mir bitte meinen Patenonkel in
Wuppertal-Ronsdorf!«
Schon mussten wir wieder einsteigen und fuhren nach Kanzem zum Weingut von Othegraven. Das Weingut Othegraven besteht seit dem 16. Jahrhundert. Das Gutsgebäude,
der herrschaftliche Park und die Lage Kanzemer Altenberg sind
denkmalgeschützt. 2010 haben Günther Jauch und seine Frau Thea das
Weingut aus eigenem Familienbesitz nun als 7. Generation übernommen.
Dazu wurde es von der Vorbesitzerin Frau Dr. Kegel erworben. Jauchs
Großmutter war eine geborene von Othegraven. Als VDP-Gründungsmitglied
streben die Verantwortlichen im Weingut jedes Jahr eine hohe Qualität
an, von der wir uns überzeugen durften. Der Gutsverwalter Swen Klinger,
führte uns in einen repräsentativen Probierraum, der schon fast als
Saal durchgehen kann. Edle, gestreifte Tapeten, funkelnde Leuchter und
eine sensationelle Aussicht auf den Park zeugen von gutem Geschmack.
Der Clou: ein echter »Corinth« an der Wand, den Günther Jauch mit ins
Gut gebracht hat. Bei von Othegraven geht der Export-Anteil ein wenig
zurück zugunsten der Privateinkäufer und der Gastronomie (der Name des
TV-Moderators ist ein Zugpferd!). Die ausländischen Kunden sind statt
Asiaten hier Skandinavier, Niederländer und Engländer. Insgesamt werden
15 ha aufgeteilt auf vier Lagen (drei davon Erste Lagen VDP) und mit
ausschließlich Riesling bewirtschaftet. Die Philosophie: die vier
verschiedenen Lagen mit ihren unterschiedlichen Schieferböden
herausschmecken zu können.
Wir durften in unserer Probe verkosten:
2007 Von Othegraven brut,
2011 VO,
2011 Max,
2010 Bockstein, Großes Gewächs,
2006 Altenberg,
2011 Herrenberg,
2004 Bockstein, Spätlese.
Alle Weine sind spontan vergoren. Besonders der 6. Wein war ein tolles Beispiel hierzu.
Wegen der Spontanvergärung konnten wir bei diesem Wein eine gewisse
Diskrepanz zwischen Nase und Gaumen feststellen. Er schmeckte besser
als er roch. Dieser Geruch, auf die Spontanvergärung zurückzuführen
(bei Reinzuchthefen ist dies nicht gegeben), verschwindet nach ca. zwei
Jahren Lagerzeit. Zwischendurch führte uns Herr Klinger nach einem
kräftigen Mai-Regenschauer durch den Garten, um uns die Lage »Kanzemer
Altenberg«, die sich direkt am Haus wie ein Amphitheater öffnet, zu
zeigen. Unglaubliche 8 ha sind hier am Steilhang anzuschauen. Uns hat
neben dieser beeindruckenden Lage auch besonders der große Park mit
seinen seltenen Bäumen, in dem es nach Erde, Sonnenregen - nach Natur
pur - duftete, beeindruckt.
Ayl erreichten wir gegen 18.00 Uhr. Nach einer kurzen Ruhepause begann das mehrgängige Degustationsmenü im Restaurant Ayler Kupp. Der Juniorchef Peter Lauer
führte uns mit den Weinen des Familienweingutes Lauer durch das Menü.
Die Weine passten sehr gut zu den einzelnen Gängen. Die 2003er edelsüße
Spätlese harmonierte besonders gut mit der »hausgemachten Leberpaté mit
Gelee von der Riesling-Spätlese«. Peter Lauers Beschreibung: »Das ist
Saar-Riesling!«
Zum Menü wurden uns diese Weine kredenzt:
2011 Gutsriesling Fass 16,
2003 Ayler Kupp Spätlese,
2011 Alt Scheidt,
2011 Fass 6 Senior,
2011 Ayler Kupp Spätlese.
Leider zog sich das Menü sehr lang hin (im Restaurant wurden noch
andere Gruppen bedient), so dass viele von uns sich, sozusagen mit dem
letzten Bissen Dessert, schlafen legten. Und leider gab zu jedem Gang
nur ein Glas Wein - mehr hätte einen enormen Aufpreis bedeutet. Das
Frühstück am nächsten Morgen war (zumindest im Hotel Ayler Kupp)
reichhaltig und frisch.
Gestärkt wurden die Taschen und Trolleys wieder im Bus verstaut und los ging's zum Schlossgut
Marienlay in Morscheid an der Ruwer. Das romantische Ruwertal ist
übrigens mit nur 200 ha Weinbergen ein kleines verträumtes Seitental
der großen „Schwester“ Mosel. Seit 1999 befindet sich hier der Sitz des
Weingutes Reichsgraf von Kesselstatt.
Im Hof des historischen Schlosses bekamen wir zur Begrüßung von der
sehr charmanten Verkaufsleiterin Solange Heyer-Berrisch einen
erfrischenden Weißburgunder gereicht. Das ist aber auch die einzige
Rebsorte, mit der das Weingut „fremdgeht“ (Heyer-Berrisch). Auf heute
36 ha, verteilt auf 12 Spitzenlagen an Mosel, Saar und Ruwer, werden
sonst nur Rieslingreben angebaut. In einem stilvollen Schlosszimmer
durften wir anschließend zu einer liebevoll arrangierten Weinprobe
Platz nehmen und folgende Weine in der sehr gut moderierten Probe
verkosten:
1) R 2011 Kaseler, Riesling trocken
2) R 2011 Kaseler Nies'chen, Riesling Kabinett trocken
3) R 2010 Nies'chen GG Großes Gewächs, Riesling
4) R 2009 Nies'chen GG Großes Gewächs, Riesling
5) R 2011 Kaseler Kehrnagel, Riesling Kabinett feinherb
6) M 2011 Josephshöfer, Riesling Kabinett feinherb
7) R 2005 Kaseler Nies'chen, Riesling Spätlese
8) R 1989 Kaseler Kehrnagel, Riesling Beerenauslese, lange Goldkapsel
Annegret
Reh-Gartner, die heutige Besitzerin des Weingutes, ist eine
Verfechterin der Großen Gewächse. Die uns angebotenen „Nies'chen“
konnten uns - zumindest die Gruppe an meinem Tisch - allerdings nicht
so sehr überzeugen wie zum Beispiel der »Kaseler Kehrnagel, Riesling
Kabinett feinherb von 2011«. Dieser Wein würde mit seiner
dezenten Süße hervorragend zu einem schärferen Essen passen. Zum
Josephshöfer, dem 6. Wein unserer Probe, erfuhren wir, dass diese Lage
im Alleinbesitz des Weingutes ist. Nur auf diesem Wein prangt noch das
»alte« Etikett aus dem Jahre 1880. Eine gute Weinprobe sollte mit einem
süßen Wein beendet werden, weil die Süße auch wieder fit macht. Als 7.
Wein verkosteten wir eine Riesling Spätlese, ein 2005 Kaseler
Nies'chen. Riesling Spätlesen verkörpern ein Stück Moselkultur. Zum
letzten Wein der Probe bemerkte Solange Heyer-Berrisch: »Ein Wein ist
immer das Spiegelbild des Jahres, in dem er gemacht wurde!« Eine
Beerenauslese von 1989 (Kaseler Kehrnagel). Dieser Wein überzeugte uns
absolut, so dass spontan ausgerufen wurde: »Ein Wein, der Mauern
einreißen kann!« (Zitat R.W. ) Was sich bei Reichsgraf von Kesselstatt
wieder einmal zeigte, war, dass Weine heutzutage mit niedrigem
Alkoholgehalt, aber mit viel Eleganz, Mineralität und Würze - je nach
Schieferbodenart - glänzen und punkten. Auch hier findet sich der
größte Anteil der Kunden im Inland (Fachhandel und Gastronomie). Der
kleinere Anteil geht ins Ausland, in die USA, nach Großbritannien und
auch China; ein neuer, aber auch schwieriger Markt wegen der
aufwändigen Kontrollen. Übrigens hat eben jene Frau Reh-Gartner den
Begriff »feinherb« durchgesetzt. Dabei ist der Begriff nicht definiert
mit einer gesetzlichen Mindestzuckermenge. Es zeigt sich, dass sich
»feinherb« durchsetzt, sowohl als Bezeichnung für halbtrockene Weine
als auch in der geschmacklichen Vorliebe der heutigen Weingenießer.
Zum Mittagessen im Pauliner Hof
in Kasel konnte man Wein trinken oder seinen Durst zünftig mit einem
Bier oder einer Apfelschorle löschen. Schnell gegen die aufkommende
Müdigkeit noch einen Espresso, Cappuccino oder Kaffee getrunken und
schon mussten wir einsteigen und zu unserer letzten Verabredung mit
Herrn Tyrell vom Kartäuserhof fahren. Warum der Busfahrer allerdings
den Weg Richtung Köln ins benachbarte Trier-Eitelsbach nahm, war uns
ein Rätsel.
Im
Vorfeld war uns ein bisschen mulmig zumute, weil uns Herr Tyrell nicht
allzu einladend geschildert wurde. Außerdem waren wir ein wenig spät
dran … Aber das war völlig unbegründet. Christoph Tyrell, in 6.
Generation der Eigentümer des Karthäuserhof,
erwies sich als äußerst fachkundiger und vor allem humorvoller
Gentleman, der uns charmant durch seine Weinprobe führte. Christoph
Tyrell hatte für uns eine Probe vorbereitet, die sich auf seine Weine
des Jahrgangs 2011 konzentrierte. In der Probierstube, in der wir rund
um einen abgedeckten Billardtisch Platz nahmen verkosteten wir folgende
Weine:
1) 2011 Karthäuserhof Ruwer-Riesling, Qualitätswein
2) 2011 Karthäuserhof Schieferkristall, Kabinett
3) 2010 Karthäuserhof Alte Reben
4) 2011 Karthäuserhof Tyrell's Edition, GG, Premium Spätlese
5) 2011 Karthäuserhof Ruwer-Riesling, Qualitätswein
6) 2011 Karthäuserhof Schieferkristall, Kabinett
Sehr selbstsicher und eigenwillig, gewürzt mit einer gehörigen Portion
Charme wurden wir von Christoph Tyrell durch die Weinprobe geführt. So
wird die aufkeimende Frage über Flaschenverschlüsse recht kurz und
diskussionslos beantwortet: »Zukünftig haben
die Stufen Qualitätswein und Kabinett Schraubverschlüsse. Der Rest
bekommt Korken!« Unterhaltsam mit Anekdoten aus dem Leben eines
Gutsbesitzers und Geschichten aus dem Weingut erlebten wir eine
kurzweilige Probe. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns die
Philosophie vom »Trinkfluss«. Mit diesem Begriff wollte uns Herr Tyrell
nahe bringen, dass gute Weine nicht einfach nur über ihren Geschmack
beeindrucken, sondern »Lust auf mehr!« machen müssen. Eine treffende
Beschreibung. Auch die spannendsten Weinproben müssen irgendwann ein
Ende haben. So schlenderten wir im Rahmen eines kleinen
Hofspazierganges wieder zum Bus zurück, um unsere Heimreise anzutreten.
Wieder einmal ist es Inge und Peter Sunke gelungen, uns während der
zweitägigen Studienfahrt zu interessanten und auch eigenwilligen
Winzern an Saar und Ruwer zu führen. Hierfür gebührt den beiden ein
ganz besonderes Dankeschön.
Text Anja Weigerding und Michael Düssel, Bilder Michael Düssel
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